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„Toller Job mit Verantwortung“
Aus dem Berufsleben der Operationstechnischen Assistenz im Kreiskrankenhaus Grünstadt
Bis zu 20 Operationen in vier Operationssälen finden an einem Tag im Kreiskrankenhaus Grünstadt statt. Damit alles reibungslos läuft, sind an einem Ope-
rationstag etwa 36 Mitarbeiter im OP-Bereich tätig, darunter auch operationstechnische Assistenten (OTA): Sie sind für die Vorbereitung der Eingriffe ver-
antwortlich und stellen sämtliche Materialien für eine Operation bereit – von Einweg-Medizinprodukten bis zu den Operationsinstrumenten und techni-
schen Geräten. Mit ihrer Assistenz unterstützen sie die Operateure und sind somit geschätzte Partner der Ärzte im OP. Ein spannender Beruf, der neben
Einfühlungsvermögen gegenüber den Patienten auch einen ausgeprägten Ordnungssinn, Stressresistenz und buchstäblich Standhaftigkeit verlangt.
„Eine Operation kann mehrere Stunden
dauern. Da muss man buchstäblich
standhaft sein. Schließlich müssen OTA
alles genau mitverfolgen und die nächs-
ten Handgriffe und Schritte in der OP
vor Augen haben“, erklärt Besa Heiß-
ler, Leiterin des OP-Bereichs. So wie
ihre Kolleginnen, die gerade in den vier
Operationssälen assistieren – in ganz
unterschiedlichen medizinischen Berei-
chen. Während in einem Operations-
saal bei einem Kaiserschnitt die wer-
denden Eltern samt Hebamme auf ei-
nen neuen Erdenbürger warten, wird
im Saal nebenan ein Patient für seine
Schilddrüsenoperation in Position ge-
bracht.
Die zuständige OTA hat bereits alle not-
wendigen Instrumente gerichtet und
wartet auf das Zureichen von Skalpell,
Tupfer und Co. Handgriffe, die jeder
operationstechnische Assistent aus dem
Effeff beherrscht. „Wir haben in unse-
rem Haus Standards, die es ermögli-
chen, mit einem fremden Operateur
problemlos zusammenzuarbeiten. Ein
Wechsel an einen anderen OP-Tisch ist
für jede OTA immer möglich, da jede
Schere, jede Klemme ihren ganz eige-
nen, genau festgelegten Platz hat“, er-
läutert Heißler. So könne man als rou-
tinierte Assistenz auch mit einer Hand
eine Klemme halten und mit der ande-
ren blind nach dem nächsten Gerät grei-
fen. Ein Zeit-, vor allem aber ein Sicher-
heitsaspekt. „Wir kennen genau die An-
zahl der Instrumente und Geräte, die
wir im Vier-Augen-Prinzip vorbereitet
haben, und die auch nach der OP durch
Vier-Augen-Prinzip überprüft wird“, er-
gänzt OTA Inga Brauweiler. Sie ist seit
zwölf Jahren im Beruf und hat im OP
ihren Platz gefunden. „In einem ver-
gleichsweise kleineren Haus wie dem
Kreiskrankenhaus Grünstadt lässt es
sich sehr angenehm arbeiten: Jeder kennt
jeden, man ist ein eingespieltes Team
und weiß, wie der andere tickt“, meint
Brauweiler. Das sei gerade hinsichtlich
des manchmal etwas raueren Tones
sehr wichtig. „Es ist doch klar, dass es
ab und an hektischer oder stressiger im
OP zugeht, da sind die Ansagen kurz
und knapp. Wer das persönlich nimmt,
für den ist der Job nicht geeignet“.
Technisches Interesse von Vorteil
Auch einen gewissen Sinn für Ordnung
sollte man mitbringen – und Interesse
für Technik. Warum, das zeigt sich an
den mobilen Videotürmen, drei Stück
an der Zahl, die von der Kamera bis
zum Monitor damit ausgestattet sind
und beispielsweise bei endoskopischen
Operationen wie Gelenk- oder Ma-
gen-Darm-Spiegelungen zum Einsatz
kommen. Auch manche Operationsge-
räte selbst verlangen ein technisches
Grundverständnis. So wie in OP-Saal
Nummer drei, in dem es gerade recht
handwerklich zugeht: Mit einem spezi-
ellen Bohrer wird ein Knie für ein neu-
es Gelenk vorbereitet. „Dabei wird es
auch schon mal recht laut. Zum Glück
liegen die Patienten in Vollnarkose. Beim
Kaiserschnitt ist das meist anders, die
Patientinnen nehmen das Umfeld oft
wahr. Manche OPs werden auch ohne
Vollnarkose durchgeführt. Wenn ein Pa-
tient die Geräusche im OP nicht mitbe-
kommen möchte, besteht immer die
Möglichkeit, ein Beruhigungs- oder
Schlafmedikament zu bekommen oder
über Kopfhörer eigene Musik zu hö-
ren“, weiß Besa Heißler.
In insgesamt vier Räumen findet die
Einleitung statt, also die Durchführung
von Narkose oder Lokalanästhesie. Da-
nach geht es für die Patienten direkt in
den OP. Nach dem Eingriff haben die
OTA in der Regel zehn bis 15 Minuten
Zeit, um die nächste Operation vorzu-
bereiten. „Deshalb richten wir bei den
Plan-OPs das Einmal-Material schon
tags zuvor. Nur das Instrumentarium
wird aktuell vorbereitet.“ Wird es nicht
mehr gebraucht, bringen Heißler und
ihre Kollegen die Instrumente ein paar
Meter weiter in die zentrale Sterilgut-Ver-
sorgungs-Abteilung. Dort bestückt ein
Team die Reinigungs- und Desinfekti-
onsautomaten. „Auch andere Häuser
wie die Krankenhäuser von Bad Dürk-
heim und Frankenthal lassen bei uns
sterilisieren“, so Heißler.
Das anschließende Einräumen der ste-
rilen Instrumente im Sterilgutlager der
OP-Abteilung ist dann wieder Aufgabe
der OTA. „So haben wir auch immer
einen Überblick und sind sicher, dass
alles vorhanden ist“. Denn auch die best-
mögliche Planung des Einsatzes der Ma-
terialien gehört zum Job. „Man sollte
Verschwendung vermeiden. Dafür wis-
sen wir ja auch, welches Material und
welche Instrumente wir bei welchen
Eingriffen brauchen.“
Falls während der OP doch noch etwas
benötigt wird, steht der sogenannte
Springer bereit. „Seine Aufgabe besteht
darin, während des Eingriffs zusätzli-
che Geräte bereitzustellen, der instru-
mentierenden Kraft weitere Materialien
anzureichen oder auch Untersuchungs-
proben entgegenzunehmen“, erklärt die
OP-Leiterin. Besondere Verantwortung
trägt der Springer als „Pendler“ zwi-
schen sterilem OP-Bereich und dem
weiteren OP-Umfeld für die Einhaltung
der Hygienebestimmungen. Wer wel-
che Aufgaben übernimmt, das bespricht
das Team bereits morgens um sieben
bei der Tagesbesprechung. Neben am-
bulanten und stationären Operationen
werden auch septische Eingriffe in ei-
nem eigens dafür vorgesehenen OP-
Saal durchgeführt. „Hier werden Pati-
enten mit Infektionen oder infizierten
Wunden operiert. Nach dem Eingriff ist
der Saal eine Stunde zu Desinfektions-
zwecken geblockt, er kann also nicht
so häufig benutzt werden wie die üb-
rigen, sterilen Säle“, sagt Heißler.
In vielen Bereichen tätig
Während bei der Knie-OP noch chi-
rurgisch-handwerkliche Geräusche aus
dem Saal dringen, lässt ein paar Meter
weiter der neue Erdenbürger seinen ers-
ten, energischen Schrei vernehmen. Im
Schleusenbereich wird unterdessen der
nächste Patient auf einen OP-Tisch um-
gelagert. „Die Tische lassen sich auf die
Statur der Patienten anpassen sowie auf
die anstehende Operation. Es gibt An-
bauten, wenn etwa Gliedmaßen ope-
riert werden. Alles ganz individuell nach
Bedarf“, erklärt Inga Brauweiler. Und
schon geht es weiter, denn der Patient
ist bereits in der Einleitung und wird
narkotisiert. Ein Viszeraleingriff steht
an, also eine „Bauch-OP“. Für Besa
Heißler und ihr Team eine willkomme-
ne Abwechslung, denn: „Ein weiterer
Vorteil eines kleineren Krankenhauses
ist die Vielseitigkeit: In Großkliniken
landet man meist in einem Fachgebiet
und assistiert nur dort. Hier sind wir in
vielen Bereichen tätig: in der Allgemein-
chirurgie, der Unfallchirurgie, der Or-
thopädie oder Gynäkologie, genauso
wie im HNO-Bereich. Bei uns werden
auch medizinisch notwendige plasti-
sche Operationen gemacht, sodass wir
dabei ebenfalls assistieren“.
Unter den mehr als 25 Operateuren sind
einige niedergelassene Ärzte, die ne-
ben ihrer ambulanten Praxistätigkeit
auch im Kreiskrankenhaus operieren.
„Dank der Standardisierung läuft die
Zusammenarbeit mit allen Operateuren
gut, auch wenn wir nicht täglich ge-
meinsam arbeiten.“ Der Job verlange
einfach in jeder Hinsicht Flexibilität und
Teamgeist. „Ein toller Job mit viel Ver-
antwortung“, sind sich die OTA in
Grünstadt einig.
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Kym Schober
INFO
Ansprechpartnerin für die
Ausbildung zum/zur OTA
oder für die Mitarbeit als
OTA im Kreiskranken-
haus Grünstadt: Pflegedi-
rektorin Christine Christ-
mann, E-Mail: christine.
christmann@kranken-
hausgruenstadt.de
Instrumente richten: Damit jeder an jedem OP-Platz arbeiten kann, ist die
richtige Platzierung wichtig.
Foto: Kym Schober